Stellungnahme zur Machbarkeitsstudie ‚Instandsetzung des Schießstandes Mölln-Waldhof` vom August 2019, zu Schrotblei und zu Wurfscheiben
Für diese Stellungnahme fand aktuell eine Begehung der Schießanlage statt.
An von Menschen unveränderten Stellen sieht die Oberfläche des Bodens meist etwa so aus: Zunächst erkennt man einige Trümmerteile von Plastik, doch zeigt der Ausschnitt im Dreieck zwischen den beiden Grashalmen (Mitte rechts) eine Vielzahl kleinerer, schwarzer Bruchstücke. Es handelt sich um Fragmente offenbar alter PAK-Wurfscheiben (hierzu siehe unten), die das Gebiet kontaminieren.
An größeren Flecken haben Wildschweine einige Zentimeter der Grasnarbe umgedreht. Dort bietet sich folgendes Bild:

Im Ausschnitt der unteren Bildmitte erkennt man solche schwarzen ‚Bröckchen‘ zwischen dem roten Wurfscheibensplitter und dem größeren Bruchstück sowie rechts oben mindestens zwei weitere schwarze Fragmente.
Im Hauptdepositionsareal bietet sich ein Anblick von Wurfscheibenschotter, der das Erdreich ganz verdeckt (zwei Bildbeispiele): Die dicke Schicht besteht fast ausschließlich aus Trümmern neuerer und alter Wurfscheiben.


Es ist offensichtlich, dass hier über eine ganze Anzahl von Jahren nie richtig abgesammelt wurde. Es wird nicht in Abrede gestellt, dass vielleicht mal zu vernachlässigende Sammelaktionen als Alibiaktionen stattfanden. Doch wird klar, dass man sich nie ernsthaftum die Entfernung von Scherben gekümmert hat.
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Hinsichtlich des in vielen Jahren angesammelten Bleischrots ermittelt der Gutachter „in der organischen Auflage“ in den zurückliegenden „60 Jahren … eine Gesamtschusszahl von … 1,8 Mio und eine daraus resultierende Schrotbefrachtung des Geländes … von rund 50 Tonnen“ (wobei Schrotblei kein elementar reines Blei ist, sondern ein Metallgemisch mit einem Hauptanteil von Blei, siehe unten).
Mit den vom Gutachter selbst genannten Zahlen kann man jedoch noch eine viel gravierende Belastung des Erdreichs nachrechnen, mit der man in dem Areal im Mittel auf rund 240 bis 800 Tonnen Bleischrot kommt.
Berechnung mit den Angaben des Gutachtens: Die vom Gutachter benannte Fläche misst 2,1 ha (= 21‘000 m²) bis 2,8 ha (= 28‘000 m²), die „organische Auflage hat eine Dicke von 20 cm (= 0,2 m, Angabe auf S. 8, Abs.2), womit diese kontaminierte Erde ein Volumen von 4‘200 m3 bis 5‘600 m3 hat. Bei einer – vorsichtshalber zu gering angesetzten – mittleren Dichte dieser Schicht von 1,5 g/cm3 hat dieses Erdvolumen ein Gewicht vom 6‘300 to bis 8‘400 to. Mit der im Gutachten genanntenSchrotbelastung zwischen „3,8 und 9,6 Gew.% Schrote“ kommt man auf eine „daraus resultierende Schrotbefrachtung des Geländes“ zwischen (6‘300 to x 0,038 =) 239,4 Tonnen und (8‘400 to x 0,096 =) 806,4 Tonnen, also im Mittel über die Gesamtfläche zwischen rund 240 Tonnen und gut 800 Tonnen Bleischrot.
Beide Wege einer Schätzberechnung sind gangbar und sollten sich gegenseitig kontrollieren können. Die Menge von 50 Tonnen Bleischrot ist bereits enorm, wenn man aber mit den Zahlen des Gutachtens berechnet, ermittelt man fast 5mal bis etwa 16mal so viel. Daher muss man die vom Gutachter ermittelten 50 Tonnen Schrotblei als in seiner Menge eher unwahrscheinliches Minimum behandeln. Viel wahrscheinlicher handelt es sich um das Mehrfache.
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Schrotblei
Nach Zeddel (LLUR Schleswig-Holstein, Quelle siehe unten) gilt: „…Auf den Boden eines jeden der ca. 500 privaten Schießplätze in Deutschland“ werden rechnerisch jährlich „ca. 2‘700 kg Blei, 640 kg Antimon & 200 kg Arsen“ eingetragen, zusammen also ca. 3,54 Tonnen Schrot. Nimmt man für die 60 Betriebsjahre, von denen das Gutachten ausgeht, im Mittel nur eine halb so starke Belastung an, kommt man auf eine Summe vom 106 Tonnen. Auch dies ist mehr als doppelt so viel wie die im vorliegenden Gutachten ermittelte Menge.
Die Toxizität (Giftigkeit) von Blei wurde in den zurückliegenden Behandlungen des Themas mehrfach diskutiert, nicht jedoch die Tatsache, dass Schrotblei auch Antimon (chemisch Sb) und Arsen (chemisch As) enthält. Nach den Angaben des LLUR besteht Schrotblei zu 73 % aus Blei, zu 18 % aus Antimon, zu 6 % aus Arsen und 3 % anderen Stoffen. „Antimon und Blei können schon in geringsten Konzentrationen schädliche Effekte haben“ (Oschwald, Rytz & Sydler, Eidgenössische Techn. Hochschule ETH, Zürich). Dreiwertiges Antimon wird binnen zwei Stunden zu 95 % von roten Blutkörperchen aufgenommen und wirkt blockierend auf den Energiehaushalt der Zellen.
Verbindungen des dreiwertigen Arsen sind hoch toxisch. Metallisches Arsen wird vom Körper kaum aufgenommen, doch überzieht sich Arsen an der Luft bereits mit Oxiden. Wegen der Gefahr von Arsenvergiftungen wird der Arsen-Gehalt im Trinkwasser gemäß einer EU-Richtlinie (EU-Richtlinie 2020/2184) kontrolliert.Deshalb darf man nicht nur von Schrotblei ausgehen, sondern man muss die beiden anderen, sehr gefährlichen Substanzen ebenfalls berücksichtigen.
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Wurfscheiben
Seit wann oder ob überhaupt neuere, umweltschonendere Wurfscheiben zur Anwendung kamen, ist nicht bekannt. Da dieses Thema – ähnlich dem des bleifreien Schrots – erst vor wenigen Jahren überhaupt in die Diskussion kam, wurden dievormals üblichen sogenannten PAK-Wurfscheiben (PAK steht für Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe) einige Jahrzehnte lang verwendet. Das Umwelt-Bundesamt schreibt hierzu:
Prof. Dr. Carsten Niemitz
Quellen
Zeddel, A.: Bleibelastung auf Schießständen – Beispiel „Hedde“ Schleswig-Holstein. LLUR. Zugriff am 15.09.2023
Oschwald, P., Rytz, I., Sydler, P.: Blei- und Antimonbelastung bei Schiessanlagen – Fallbeispiel Luzerner Allemend. ETH, Zürich, 2002
Umwelt-Bundesamt: Warum sind PAK für den Menschen nd die Umwelt bedenklich? 31.05.2012. https/:service/UBA-fragen/Warum sind PAK… Zugriff am 15.09.2023